„Mehr Fortschritt wagen“: Welche Bilanz nach einem Jahr Ampelkoalition in Deutschland?
Am 8. Dezember 2021 wurde Olaf Scholz als neuer Bundeskanzler vereidigt. Er führt eine in Deutschland noch nie dagewesene Drei-Parteien-Koalition aus Sozialdemokraten, Grünen und Liberalen an, die mit dem Anspruch und Versprechen angetreten ist, mehr Fortschritt wagen zu wollen. Sowohl das Zustandekommen der „Ampelkoalition“ als auch deren mutiges Programm haben im Nachbarland Frankreich für große Aufmerksamkeit gesorgt. Gleiches gilt auch für die außen- und sicherheitspolitischen Reaktionen der Bundesregierung auf die durch den russischen Angriffskrieges auf die Ukraine ausgelösten Zeitenwende. Letztere hat die Rahmenbedingungen für die „Fortschrittskoalition“ grundlegend verändert. Wie ist Fortschritt im Angesicht der Zeitenwende noch möglich? Ist das Programm der „Fortschrittskoalition“ inzwischen Makulatur, wie manche Kommentatoren meinen? Oder kann die sozialdemokratisch geführte Bundesregierung auch in der Zeitenwende noch einem mit Fortschritt verbundenen Weg in die Zukunft weisen?
Programm
14:00 Begrüßung
Jacques-Pierre Gougeon, Universitätsprofessor, Leiter des Observatoire de l’Allemagne, Institut de relations internationales et stratégiques (IRIS)
Thomas Manz, Leiter des FES-Büros in Paris
14:15 Fortschritt im Zeichen der Zeitenwende
Beim Antritt der neuen Bundesregierung waren es vor allem die Covid-Pandemie und die Klimakrise, die als Bedrohungen für Freiheit, Wohlstand und Sicherheit wahrgenommen wurden. Mit einem ambitionierten Fortschritts- und Modernisierungsprogramm sollten die notwendigen politischen Neuerungen angeschoben werden, um diese Herausforderungen zu bewältigen und in Chancen für gesellschaftlichen Fortschritt zu verwandeln. Die mit dem russischen Angriff auf die Ukraine verbundene „Zeitenwende“ hat die Rahmenbedingungen für die Agenda der „Ampelkoalition“ mit ihrem ehrgeizigen Programm wirtschaftlicher und sozialer Reformen grundlegend verändert. Für Deutschland bringt sie vor allem die Notwendigkeit mit sich, einerseits seine Anstrengungen zur militärischen Wehrfähigkeit zu stärken und andererseits seine Abhängigkeit von russischen Energieimporten zu überwinden. Welche Auswirkungen hat dies auf die „Fortschrittsambitionen“ der Koalition? Sind die im Koalitionsvertrag angekündigten wirtschaftlichen, sozialen und gesellschaftlichen Reformen durch die neuen verteidigungs- und energiepolitischen Herausforderungen gefährdet?
Aydan Özoguz, Vizepräsidentin des Deutschen Bundestags
Kommentar:
Jacques-Pierre Gougeon, Universitätsprofessor, Leiter des Observatoire de l’Allemagne, IRIS
Diskussion
Moderation : Gaspard Schnitzler, Stellvertretender Leiter des Observatoire de l’Allemagne, IRIS
15:15 Fortschritt für das Klima ?
Im Koalitionsvertrag hat sich die Regierung von Olaf Scholz als "absolute Priorität" das Ziel gesetzt, Deutschland bereits bis 2045 klimaneutral zu machen - fünf Jahre früher als Frankreich und die Europäische Union. Dazu ist ein ehrgeiziges Programm zur Senkung der Treibhausgasemissionen vorgesehen. Einige dieser Vorhaben und Zielsetzungen musste die Bundesregierung jedoch unter dem Eindruck der mit der Zeitenwende verbundenen neuen politischen Realitäten überdenken, dies bspw. im Hinblick auf den ursprünglich bis 2030 angestrebten Kohleausstieg. Wie kann und soll Deutschland vor dem Hintergrund der aktuellen geopolitischen Lage seine Energiesicherheit gewährleistet, ohne seine Klimaziele aufzugeben? Ist klimapolitischer Fortschritt weiterhin noch eine Priorität der Bundesregierung?
Claudia Detsch, Leiterin, FES Just Climate Project, Bruxelles
Phuc-Vinh Nguyen, Forscher, Französische und Europäische Energiepolitik, Jacques Delors Institut
Moderation : Sophie Martiné, Wissenschaftliche Mitarbeiterin, FES Paris
16:45 Zukunftsinvestitionen und nachhaltige Finanzen – zwei gleichrangige Ziele?
Die Ampelkoalition hat die 2020er Jahre zum "Jahrzehnt der Zukunftsinvestitionen" erklärt. Mit hohen und nachhaltigen Investitionen sollen die Herausforderungen im Bereich des Klimaschutzes und der Digitalisierung sowie die notwendige Transformation der deutschen Wirtschaft bewältigt werden, ohne dabei auf solide Staatsfinanzen zu verzichten. Im europäischen Rahmen plädiert sie dafür, die Fiskalregeln so weiterzuentwickeln, dass nachhaltige Investitionen und die Tragfähigkeit der Schulden gleichzeitig gewährleistet sind. Mit welchen Instrumenten soll dies gelingen und auf Basis welcher solidarischen Regeln auf europäischer Ebene?
Gustav Horn, Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Duisburg-Essen, Mitglied des SPD- Parteivorstandes
Sylvie Matelly, Wirtschaftswissenschaftlerin, stellvertretende Direktorin des IRIS
Moderation : Nicolas Leron, Stellvertretender Generalsekretär des Institut François Mitterrand und assoziierter Forscher bei Cevipof und OFCE, Sciences Po
17:45 Schlusswort
Simultanübersetzung deutsch-französisch
41 bis, bd. de la Tour-Maubourg 75007 Paris France
+33 (0) 1 45 55 09 96info.france(at)fes.de
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