jeudi, 22.05.2025 - Paris

Wohnen als soziale und ökologische Herausforderung

Fachgespräch der Friedrich-Ebert-Stiftung Paris und der Fondation pour le Logement des Défavorisés

Das Recht auf angemessenen und bezahlbaren Wohnraum ist eine grundlegende Voraussetzung für Würde, Sicherheit und soziale Teilhabe. Dennoch wird es in Frankreich und Deutschland gleichermaßen für immer mehr Menschen schwierig bis unmöglich eine geeignete Wohnung zu finden.  – Mangel beim bezahlbaren Wohnen ist damit ein Indikator sozialer Not.

Laut einer Umfrage des französischen Meinungsforschungsinstitutes IPSOS aus dem Jahr 2024 berichten 58 Prozent der Französinnen und Franzosen von Schwierigkeiten bei der Wohnungssuche – sei es bei Kauf, Miete oder dem Bezug einer Sozialwohnung. Diese Sorge ums Thema Wohnen hat inzwischen sogar andere Themen wie Gesundheit oder Arbeit in den Hintergrund gedrängt.

Besonders alarmierend ist dabei die wachsende Kluft zwischen Einkommen und Wohnkosten auf europäischer Ebene: Zwischen 2005 und 2023 stiegen die verfügbaren Medianeinkommen lediglich um 17 Prozent, während die Mieten um 34 Prozent und die Immobilienpreise sogar um 76 Prozent stiegen.

Um der Wohnungskrise auf den Grund gehen zu können, organisierte die Friedrich-Ebert-Stiftung gemeinsam mit der Fondation pour le Logement des Défavorisés am 23. Mai ein Seminar unter dem Titel: „Bezahlbarer und nachhaltiger Wohnraum in Frankreich und Deutschland: Wie lassen sich soziale Gerechtigkeit und ökologischer Wandel vereinbaren?“. Politikerinnen und Politiker, Expertinnen und Experten sowie zivilgesellschaftliche Akteure aus beiden Ländern diskutierten politische Lösungsansätze für die doppelte Herausforderung – nämlich sozial wie ökologisch.

Im Mittelpunkt standen bereits ergriffene Maßnahmen in Städten wie Paris, Saarbrücken oder Berlin – darunter Mietpreisbremsen, die Erweiterung des sozialen Wohnungsbaus und die Regulierung möblierter (Ferien)wohnungen. Schnell wurde deutlich: Es braucht mehr politischen Willen, stärkere Regulierungsinstrumente und gezielte öffentliche Investitionen, um diesen Herausforderungen wirksam zu begegnen.

Die Rolle des Bausektors in der Klimakrise wurde ebenfalls beleuchtet. Die Baubranche ist eine der größten Verursacherinnen von Treibhausgasemissionen und hinkt bei der Erreichung der EU-Klimaziele für 2050 deutlich hinterher. Die sozialen Folgen der Untätigkeit sind bereits heute spürbar: Viele Gebäude mit schlechter Energiebilanz, im Französischen gerne als „thermisches Sieb“ kritisiert,  sind für Kinder, Kranke und Alte ein gesundheitliches und damit erneut ein soziales Risiko. Ein nachhaltiger ökologischer Wandel muss deshalb immer auch ein sozialer Wandel sein: Die Wohnungen der Zukunft müssen zugleich bezahlbar und energieeffizient sein, damit wir alle zu den Klimazielen beitragen können, unabhängig von unserem Geldbeutel.

Diese Zielsetzungen erfordern ein grundsätzliches Umdenken in der Wohnungspolitik. Mehr Wohnraum darf nicht bedeuten, dass einfach nur Baustandards aufgeweicht werden und viel und billiger gebaut wird. Vielmehr muss es um ambitioniertere, kostengünstigere Programme zur energetischen Sanierung gehen, um die effizientere Nutzung des Gebäudebestands, die massive Ausweitung des sozialen Wohnungsbaus bei gleichzeitiger Berücksichtigung ökologischer Aspekte wie die Vermeidung der Flächenversiegelung.

Das Gespräch unter Expert_innen machte deutlich, wie sehr Frankreich und Deutschland vor vergleichbaren Herausforderungen stehen – und wie wichtig gemeinsame Strategien sind, auch auf europäischer Ebene. Eine solche Perspektive bietet der von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen angekündigte europäische Aktionsplan für bezahlbaren Wohnraum, der zur politischen Priorität erklärt wurde.

 

Programm

09h00 Begrüßung und Kennenlern-Runde
Adrienne Woltersdorf, Büroleiterin, FES Paris
Sarah Coupechoux, Leiterin der Mission Europa, Fondation pour le Logement des Défavorisés


09.15 Sozialer Wohnungsbau, Mietpreisbindung, Kampf gegen Immobilienspekulation: Welche politischen Lösungen gibt es, um erschwinglichen Wohnraum für alle zu gewährleisten?
Mirco Bertucci, Fraktionsvorsitzender der SPD im Saarbrücker Stadtrat
Barbara Gomes, Beauftragte für Mieterschutz und Mietplattformen beim
stellvertretenden Bürgermeister, zuständig für Wohnungswesen und ökologischen Wandel im Bauwesen der Stadt Paris
Laurent Ghekiere, Leiter der Abteilung für europäische Angelegenheiten,
Gesellschaft für Sozialen Wohnungsbau

11.15 Wie lassen sich Anforderungen an ökologische Nachhaltigkeit und bezahlbares Wohnen miteinander in Einklang bringen?
Sebastian Breer, Policy Advisor, WWF Deutschland
Maider Olivier, Referentin für Klimaschutz und Wohnungswesen, Fondation pour le Logement des Défavorisés
Mathias Schulz, Abgeordneter des Berliner Abgeordnetenhaus, Sprecher für Stadtentwicklung der Berliner SPD-Fraktion

Friedrich-Ebert-Stiftung
Bureau de Paris

41 bis, bd. de la Tour-Maubourg
75007 Paris
France

+33 (0) 1 45 55 09 96
info.france(at)fes.de

Stages et bourses